…oder wenn uns die Konfliktdynamik überholt
Die Ratten verlassen das sinkende Schiff…“ sagte letzte Woche ein Klient zu mir, als er bekümmert darauf schaute, was vom Konflikt noch übrigblieb. Der Konflikt hatte zugeschlagen; eine Bresche in die Belegschaft und vor allem in die Führungsmannschaft geschlagen. Er fühlte sich vermutlich tatsächlich ein wenig so, wie der Kapitän auf einem sinkenden Kahn, deshalb das etwas despektierliche Bild. Dieses Phänomen, dass Menschen aufgrund eines Konfliktes gehen, erlebe ich gerade bei drei Kund:innen, die ich bei eben dessen Klärung unterstützen soll. Das tragische dabei ist: Die mediative Unterstützung kommt für einige Beteiligte bereits zu spät. Sie hatten für sich bereits kurz vorher entschieden, dass der Zustand für sie nicht mehr haltbar ist und sich aktiv nach einer Alternative umgeschaut. Einige von diesen Mitarbeiter:innen war es dennoch wichtig, mit mir als Mediatorin noch ein Einstiegsgespräch zu führen und ihre Sichtweise auf die Dinge darzulegen. Wieso? Ihnen liegt das Unternehmen, das Team, die Kund:innen nach wie vor am Herzen. Sie hatten resigniert und nicht mehr dran geglaubt, dass sich noch etwas verändert oder sie noch etwas bewirken können, deshalb brauchten sie für sich selbst eine andere Perspektive. Sie fühlen sich ihrer Sache oder ihrem Team aber nach wie vor verbunden. Konflikte in Unternehmen entstehen in den meisten Fällen nicht aufgrund von Antipathie, sondern weil Menschen aus Überzeugung für eine Sache, einen Weg, ein Ideal eintreten und bei Widerstand dafür anfangen zu kämpfen. Das ursprüngliche Motiv ist in den meisten Fällen nachvollziehbar und akzeptabel. Die Wege und Mittel dieses durchzusetzen sind es im Verlaufe einer Auseinandersetzung jedoch immer weniger. Sie führen zu Kränkungen, Verletzungen, weiteren (Gegen-)Attacken, Rückzug und Resignation. Einige dieser Folgen werden manchmal als so schwerwiegend und nachhaltig gewertet, dass ein weiterer Weg des Miteinanders unvorstellbar scheint. Eine dieser sich im Gehen befindlichen Beteiligten brachte es mit folgenden Worten auf den Punkt: „Ich habe mittlerweile jeglichen Respekt vor XY verloren, wie sollen wir auf dieser Basis noch auf Augenhöhe zusammenarbeiten? Wie soll das gehen? Wären Sie schneller engagiert worden, dann wäre eine Aufarbeitung und Kehrtwende im Miteinander vielleicht noch möglich gewesen. Aber jetzt ist das für mich nicht mehr vorstellbar.“ Liebe Führungskräfte, wenn ihr einen Konflikt bemerkt, geht davon aus, dass er schon länger anhält und handelt schnell.