Im Zentrum des Sturms, äh Konflikts, und dann soll mir Achtsamkeit helfen?!

Ich arbeite mit Menschen in Konfliktprozessen. Meistens dann, wenn sie das Gefühl haben, vor lauter Sturm und Druck von vorn vom Platz gefegt zu werden oder vor lauter Eiseskälte zu erfrieren. Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Beteiligten emotional zu stabilisieren und ihnen das Gefühl von psychologischer Sicherheit zu vermitteln. Erst wenn so ein Windschutz aufgebaut ist, können wir schauen, woher der Wind eigentlich weht, sprich, was Sache ist. Das erfordert häufig Zeit, Zuversicht und ein großes Maß an Empathie. Was meine Arbeit mit Achtsamkeit zu tun hat, war mir lange Zeit gar nicht so klar. Je mehr das Thema in der Gesellschaft durch die Decke ging, desto mehr habe natürlich auch ich verstanden, dass vieles, was zum Handwerkszeug der Mediator:innen gehört, genau auf dieses Thema einzahlt: Genau hinhören und sorgsam wertschätzende Formulierungen wählen zum Beispiel. Nun habe ich zusätzlich entdeckt, dass sogar bestimmte Übungen, nämlich die zum „Nach-Außen!- Fokussieren“ vielen meiner Klient:innen dabei helfen können, sich vom Sturm nicht mitreißen zu lassen. Anders und mit Friedrich Glasls Worten ausgedrückt: Sie können mich davor bewahren, dass es von „ich habe den Konflikt“ zu “ der Konflikt hat mich“ kippt. Oder noch anders ausgedrückt, zu helfen, sich von der Woge der Emotionen nicht komplett mitreißen zu lassen. Techniken, die dabei helfen (falls eventuell vielleicht eine:r von euch es mal zu sehr mit ihren Emotionen zu tun bekommt 😉), sich vom eigenen inneren Geschehen kurzfristig und im Eifer des Gefechts abzulenken, sind:

1. die 5-4-3-2-1-Methode (innerlich durchgeführt): 5 Gegenstände aufzählen, die man gerade sieht, 4 Gegenstände aufzählen, die man gerade sieht, 3…)

2. die Rückwerts-Rechnen-Methode: Z.B. von 500 in 5er Schritten runterzählen

3. die 5 Materialien-Spüren-Methode: Konzentration darauf, wie sich die verschiedenen Kleidungsstücke, oder der Stuhl, auf dem ich sitze, anfühlen

4. die Handdrücktechnik: für 10 Sec. die eigene Hand mit der anderen fest drücken und dann dem Druck nachspüren

5. Spiralen zeichnen, die immer enger und kleiner werden (geht auch auf dem Bein mit dem Finger)

Nicht alles hilft bei jeder, deshalb müsst ihr ein wenig ausprobieren, was euch am besten kurzfristig von eurer Gedanken-Emotions-Spirale ablenkt. Doch diese Ablenkung ist viel Wert, um sicher durch den Sturm zu segeln, ohne das Steuerrad zu verlieren!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert