Mediation?! Wie sieht der organisationale Prozess dahinter aus?

Wie Mediation abläuft, sobald die Entscheidung dafür gefallen ist, kann ich ohne weiteres Nachdenken sofort berichten. Dies gehört zu meinen Standarderklärungen. Dies werde ich oft gefragt.

Vor kurzen aber trat eine Kundin mit einer etwas anderen Frage an mich heran. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, für das Beauftragen einer Mediation einen internen Prozess zu entwickeln. Mit dessen Hilfe soll jede:r im Unternehmen sich Klarheit verschaffen können wann wer auf welcher Basis eine Mediation erfragen kann. Unsicherheit, Irritation und auch zu langes Abwarten oder Zögern im Konflikt; das alles soll dadurch vermieden werden.

Ich sah mich mit einer ganzen Reihe an Fragen konfrontiert, die ich NICHT ohne nachzudenken aus dem „ff“ beantworten kann. Könntet ihr es?

Wann wird eine Mediation eingesetzt? Nach welchen Kriterien wird entschieden?

Eine Mediation ist für mich nicht die erste Instanz der Konfliktklärung und auch nicht die zweite. Die meisten Konflikte brauchen keine der geartete Klärungshilfe. Die zwei Schritte, die für mich mindestens davor gehören sind, der direkte Klärungsversuch zwischen den Beteiligten und das moderierte Gespräch durch die Führungskraft. Wenn der Konflikt dann immer noch dazu führt, dass Menschen die Kooperation verringern, d.h. den Austausch, die Interaktion am Thema, dann wäre es an der Zeit über eine Mediation nachzudenken. Zu langes Warten führt nämlich in vielen Fällen dazu, dass weitere Themen und Kollegen indirekt oder direkt in den Konflikt miteinbezogen werden.

Wo beginnt der Prozess, z.B. wer darf  bei einem Konflikt wen anfragen?

Diese Frage finde ich schon deutlich schwieriger zu beantworten. Unternehmen unterscheiden sich häufig sehr stark in Routinen, Formaten und Kultur. ABER: haltet es möglichst niedrigschwellig. Je größer der bürokratische Akt dahinter, desto höher die Hürde. Wenn Mitarbeiter:innen ein massives Problem mit einem Kollegen oder einer Vorgesetzten haben, dann sollten sie nicht abhängig davon sein, ob ihre Führungskraft Zeit und Willen findet, den Prozess in Gang zu bringen. Insbesondere dann nicht, wenn genau diese Führungskraft vom Konflikt mitbetroffen ist. Wenn aber jede:r Mitarbeiter:in ihre Konflikte direkt zur Personalabteilung trägt, braucht diese bald mehr Ressourcen. Eine gutes Mittelmaß könnt ihr vielleicht erzielen, wenn ihr den Betriebsrat mit einbindet. Praktikabel kann eine Spielregel der Gestalt sein, dass die Mitarbeiter:innen ihre Mediationswünsche über ihre Vertretung übermitteln und die Führungskräfte diese direkt bei Personal äußern. Wichtig ist es dabei aber, dass vorab der Mut gefunden wird, dieses der Konfliktpartnerin mitzuteilen. Denn wird diese vom Mediationsansinnen durch Dritte kalt erwischt, trägt es mit ziemlicher Sicherheit nicht zu einem Abebben des Konfliks bei.

Wer wählt die Mediatorin? Und was ist, wenn diese abgelehnt wird?

Die Auswahl sollte durch die Personen im Unternehmen erfolgen, die am meisten Expertise darin haben, die Kompetenz und den fachlichen Hintergrund und damit die Passfähigkeit einzuschätzen. Dies sind häufig die Organisations- oder Personalentwickler:innen. Auf jeden Fall macht ihr es euch deutlich leichter, wenn eine neutrale dritte Person, den Mediator aussucht. Tut dies eine der beteiligten Personen, kann es selbst bei rationalen Menschen schnell mal zu diffusen Verschwörungsfantasien kommen.

Wird der vorgeschlagene Mediator abgelehnt, lasst es euch begründen. Sind die Vorbehalte nachvollziehbar? Dann spart euch die Diskussion oder die Verteidigung der Mediatorin. Stellt euch in den Dienst der Sache und sucht nach einer Alternative. Denn den wenigsten Betroffenen ist nach einem weiteren Konflikt zumute.

Wer muss wann informiert werden? Welche Infos darf wer haben, welche lieber nicht?

Informiert werden MÜSSEN alle Betroffenen – und das möglichst schnell, denn der Flurfunk findet mit ziemlicher Verlässlichkeit das Leck, durch das die Infos durchsickern. Und erstaunlicherweise gibt es fast immer irgendwo eins. Informiert werden sollten auch die Führungskräfte der Beteiligten. Sprecht aber am besten vorher ab, ob die Betroffenen zunächst selbst mit ihren Vorgesetzten das Gespräch suchen wollen, oder ob es gleich offiziell adressiert werden soll. Ich rate immer zum ersten, aber einige wollen es schlichtweg nicht.

WELCHE Infos? DAS eine Mediation, oder alternativ ein ‚moderiertes Gespräch‘ ein ‚Gruppencoaching‘ oder wie ihr es auch immer nennen wollt stattfindet. WANN sie stattfindet und WANN sie beendet ist. OB es ein Ergebnis gibt und OB es noch weitere stützende Maßnahmen braucht.

Wenn der Betriebsrat in diesen Prozess einbezogen wurde, dann sollte er meiner Meinung auch die Information bekommen, DAS etwas stattfindet und DAS es erfolgreich war – oder auch nicht. So kann dieser das Problem für sich auch zur Seite legen.

WELCHE LIEBER NICHT? Alles andere. Die Beteiligten sollten selbst entscheiden dürfen, wem sie wann etwas davon berichten wollen.

Wer moderiert intern zwischen den Parteien, wo endet die Aufgabe?

Die Personalentwicklung kann der Konfliktklärung große Hilfestellung leisten. Sie kann vorab Aufklärungsarbeit leisten, z.B. was der Unterschied zwischen Mediation und Schiedsrichten ist, das es nicht um ‚Wahrheitssuche‘ oder ‚Schuldaufteilung‘ geht, aber vor allem kann sie mit den Betroffenen vorab herausarbeiten, welche Alternativen sie zu einer Mediation hätten. Häufig sind das nämlich nicht so viele. Dieses einmal explizit zu thematisieren bringt nach meiner Erfahrung häufig Bewegung in die Mediationsmotivation.

Die Aufgabe wäre also, ÜBER die Situation, mögliche Auswirkungen und Alternativen zu sprechen. Enden tut diese moderierende Rolle immer dann, wenn das Gespräch inhaltlich in den Konflikt driftet. Dann rate ich an die Mediatorin zu verweisen oder zu vertrösten – je nachdem, ob diese schon im Boot ist.

Welche Rolle spielen Dritte, bzw. dürfen Dritte spielen, z.B. der Betriebsrat?

Häufig wird der Betriebsrat von einer der Beteiligten miteinbezogen. Dann ist er der Vertreter von deren Interessen. Das macht ihn damit – zumindest in den Augen der anderen Beteiligten – schnell parteiisch. Deshalb sollte er sich aus dem weiteren Initiieren des Prozesses herausziehen. Ansonsten kann es sein, dass er schneller mit von der Konfliktpartie ist, als ihm lieb wäre. Während der Mediation kann er als still beobachtender Beistand dem Prozess gute Dienste leisten. Manche Beteiligte brauchen genau diese Anwesenheit als extra Quentchen Sicherheit, um sich in die Konfliktklärung gut einbringen zu können.

Welche Informationen können Mediator:innen aus der Mediation geben, welche nicht?

Können sie zum Ende der Mediation etwas zur Führungsfähigkeit einzelner Führungskräfte sagen oder auch zu einem Mitarbeiter*in?

Die Antwort auf den zweiten Teil der Frage ist schnell gegeben: NEIN. Wenn wir das tun würden, dann könnte die Mediation in relativ kurzer Zeit das Feld räumen. Sie funktioniert nur, da sie einen sicheren, wertschätzenden und nicht urteilenden Raum bietet. Dieser wäre mit solchen Informationen konterkariert.

Aus einer Mediation können viele Informationen rausgegeben werden. Dieses aber immer in Absprache und nach gemeinsamer Vereinbarung durch alle Konfliktbeteiligten. Aus dieser Einigung resultiert dann auch, wer diese Informationen wann an wen gibt. In den meisten Fällen entscheiden sich meine Klient:innen aber dafür, ihre Teams und Führungskräfte gemeinsam an ihrem Ergebnis teilhaben zu lassen. Mich braucht es dafür selten.

Informationen die ich als Mediatorin herausgebe beschränken sich darauf, wie weit wir im Prozess sind, wie viel Zeit wir voraussichtlich noch brauchen und wann wir den Konflikt abgeschlossen haben.

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