Widerstand dem Widerstand

Warum wertschätzende Resistenz der Weg raus aus dem Konflikt ist

Gleich zu Beginn mit aller Deutlichkeit die Klarstellung: Mit Widerstand ist hier nicht Abwehr, Verteidigung, Verschleppungstaktik oder gar Widerborstigkeit gemeint.

Mein Aufruf zum Widerstand ist der zur Gegenbewegung. Bewegung gegen die vielen negativen Emotionen, die mit Widerstand gegen Veränderungen, gegen Change, gegen Transformationen meist einhergehen. Und damit zunächst eine Bewegung auf die Ängste, Sorgen, und den Ärger zu. Wertschätzend und mit dem Willen zuzuhören.

Die drei wichtigen Regeln für den Umgang mit Widerstand lauten für mich:

  1. Höre aufmerksam, geduldig und aktiv zu!
  2. Kommuniziere klar, frühzeitig und wiederholt, was unumstößlich feststeht und was mitgestaltbar ist.
  3. Erzeuge Emotionales Involvement – Docke bei den Emotionen, nicht bei der Ratio an

Mitarbeiter:innen, die Wandel immer und von Anfang an als Chance betrachten sind ein Mythos!

Denn wir Menschen neigen dazu, das zu lieben und über zu bewerten was wir haben und was nun droht verloren zu gehen! Wir nehmen Verlust immer stärker war, als das, was wir dazugewinnen. Zumal dieses häufig auch noch zeitlich versetzt erfolgt. Zusätzlich gesellen sich zum Verlustgefühl dann häufig auch noch Unsicherheit und Zukunftsängste.

Wann immer eine Veränderung also als echte Veränderung wahrgenommen wird, können wir mit Widerstand rechnen. Er gehört dazu!

Salopp gesagt: Wenn du eine Veränderung planst und es regt sich kein Widerstand, dann fange besser an dir Sorgen zu machen!

Widerstand ist Feedback an die Führung. Das Ausbleiben auch!

Es heißt dann nämlich, dass die Betroffenen entweder die Veränderung nicht als maßgeblich bewerten oder aber, dass sie nicht davon ausgehen, dass diese wirklich umgesetzt wird.

Kommt bei angekündigten Veränderungen also Widerstand auf, ist die es zunächst mal das Feedback, dass das Vorhaben als wesentlich gewertet wird. Wenn wir allerdings bereit sind, uns mit der Gegenwehr konstruktiv auseinanderzusetzen, kann das Feedback weitaus dezidierter ausfallen.

Widerstand ist eine Reaktion auf Angst und Unsicherheit

Jede Veränderung, die ein Mensch nicht selbst initiiert hat, sondern die von außen an ihn herangetragen wird, schränkt gefühlt und/ oder real seine Handlungsfreiheit ein. Vorgaben von außen verlangen den Betroffenen ab, sich an veränderte Vorgaben anzupassen und ihr Verhalten umzustellen. Damit sind gleich zwei psychische Grundbedürfnisse bedroht: Autonomie und Kontrolle. Wir reagieren darauf mit Angst, die impulshaft Reaktanz auslöst.

Diese Abwehr wird durch bestimmte Wahrnehmungs- und Bewertungseffekte weiter genährt. Das alte, was es akut zu verteidigen gilt, wird stark aufgewertet, manchmal fast glorifiziert. So werden auf einmal Arbeitsabläufe, über die bis vor kurzem noch heftig geschimpft wurde, als Nonplusultra gepriesen oder die Zusammenarbeit mit Kollegen, die wir ehemals als schwerfällig und muffelig kritisiert haben, als Inbegriff der Kollegialität verklärt.

Angst wird im Arbeitsleben normalerweise nicht offen eingestanden. Sie gehört nicht zu unserem professionellen Selbstbild. Also verkleiden und pressen wir sie in die Form von Sachargumenten.

Daraus entsteht eine heimtückische Kontakt-Falle;

besonders, wenn wir aus einem naturwissenschaftlich-technischen Kontext kommen. Wir behandeln, geäußerte Einwände als Sachargumente und versuchen infolgedessen oft vergeblich, Widerstände mit sachlich-logischen Argumenten zu entkräften.  Vergeblich, denn Widerstand wird emotional genährt. Deshalb können wir bei ihm auch nur auf der emotionalen Ebene etwas bewirken. Begegnen wir ihm vor allem auf der Sachebene, entstehen endlose Diskussionen. Doch selbst wenn die ‚Veränderungsapostel‘ unter uns sich durchsetzen, weil der anderen Seite die Argumente ausgehen, ändert das wenig an den unausgesprochenen Ängsten, Verunsicherungen oder Interessengegensätzen. Im schlimmsten Fall geht der Widerstand dann in den Untergrund, das heißt, er sucht sich verdeckte Formen, wie Verzögerung, Ausweichen und mangelnde Kooperation.

Verstand und Gefühl sind keine klar abgrenzbaren Gegensätze!

Dennoch darf aus der Tatsache, dass Einwände sehr emotional und heftig vorgebracht werden, nicht geschlossen werden, dass Widerstand gänzlich sachlich unbegründet ist. Denn Verstand und Gefühl sind keine klar abgrenzbaren Gegensätze. Emotionen sind lediglich im Widerstreit mit Ratio stärker und gewinnen die Oberhand, wenn sie sich nicht gesehen fühlen. Dies mündet dann häufig in eine Konflikteskalation mit Negativspirale, in der sich ‚Veränderer‘ und ‚Widerständler‘ nicht verstanden und ausgebremst fühlen. Um das zu verhindern sollten wir uns nach den drei wesentlichen Regeln für den Umgang mit Widerstand verhalten.

Die drei Regeln für den Umgang mit Widerstand in der Praxis

  1. Höre aufmerksam, geduldig und aktiv zu!
    • Frage aktiv nach Bedenken, Befürchtungen, Sorgen und Bedürfnissen
    • Hole dir kontinuierlich aktiv Rückmeldungen ab: was beschäftigt die Betroffenen gerade?
  2. Kommuniziere klar, frühzeitig und wiederholt, was unumstößlich feststeht und was mitgestaltbar ist. Verschönere dabei nichts, versuche nicht das Gegenüber zu schonen!
    • Informiere beständig, transparent und mit hoher Reichweite
    • Sei schneller als der Flurfunk, denn dieser beinhaltet häufig eine negative Wertedynamik! Auch wenn noch nicht alles entschieden ist, auch wenn noch nicht alles in der finalen Struktur steht. Erläutere den Betroffenen konkret, was genau die Veränderung für sie bedeutet.
    • Priorisiere deine Botschaften und wiederhole die wichtigsten beständig
    • Rede negative Aspekte und Auswirkungen nicht schön!
    • Erzeuge Emotionales Involvement – Docke bei den Emotionen, nicht bei der Ratio an!
  1. Sorge für ein emotionales Begreifen und Erleben der Notwendigkeit des Wandels
    • Sei ein Vorbild der Veränderung, kommuniziere vorrangig durch Verhalten und Taten.
    • Sorge für positive Erfahrungen im Wandel
    • Nutze aktivierende, positive Bilder und Metaphern gezielt, um Emotionen und damit Aktivität zu verankern. „letzte Reise eines großen Schiffes, statt „sinkendes Schiff“
    • Plane kurzfristige Erfolge und deren Kommunikation und fokussiere so die Aufmerksamkeit auf das, was gewonnen wird.

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